Tal lebt!

Ein Programm mit Risikofreude und »menschlichen« Schwächen

Das Programm, über das vielleicht in letzter Zeit am meisten diskutiert wurde, ohne daß es kommerziell erhältlich war, könnte das Chess System Tal gewesen sein. Der Nachfolger des Complete Chess System ist nun jedoch tatsächlich auf den Markt gekommen und verzückt seine Anhänger mit einem für Computer völlig ungewöhnlichen Spielstil.
Wir schreiben das Jahr 1998: Die ganze Computerschachwelt besteht nur noch aus materialistischen und egoistischen Programmierern. Die ganze Welt? Nein. Ein kleines Dorf in England mit einer rührigen Nebenstelle in Lünen-Süd leistet erbitterten Widerstand. Der König des Dorfes ist Häuptling Chris Whittingtonix. Der Führer seiner Zweigstelle heißt Thorsten Czubix. Beide haben sich dem Kampf gegen die eingefahrenen Strukturen in der Schachprogrammierung verschrieben. Ihr mächtigster Zauber in diesem Kampf heißt Chess System Tal. Nach jahrelangen Ankündigungen glaubten sie, zum großen Hinkelsteinwettschlagen in Paris 1997 endlich das geeignete Rezept gefunden zu haben. Fast alle anderen Druiden kamen mit stärksten Zaubern, teilweise in tiefgekühlten Eisschränken und mit in langen Jahren zusammengemixten Rezepten, die enorm schnelle Reaktionen erlaubten.

Nicht so unsere Helden, deren Kämpfer gerade einmal 6.000 Blicke auf des Gegners Truppen pro Zeiteinheit   (entspricht 6.000 Pos./s) schaffte. Lange, sehr lange war an dem Rezept hierfür getüftelt worden. Vier Jahre lang konnten die wenigen Verbündeten nur unfertige und vor allem unausgegorene Versionen genießen. 

Doch  »der Weg ist das Ziel«, hatte Czubix immer wieder proklamiert. Erst jetzt, zur großen Schlacht, sollte auch das gemeine Volk den gereiften Kämpfer bewundern können. Seine Wirkung würde unglaublich sein: Anstatt eines materialistisch orientierten Programms sollte sich ein angriffswütiger Titan erheben, sämtliche althergebrachten Grundsätze des Zählens einzelner Kampfmittel (sprich: Bauerneinheiten) ignorierend...

Zurück in die Gegenwart: Um die Interessenten bei der Stange zu halten, hatte Thorsten Czub in der Zwischenzeit immer wieder einzelne Partien des Programms von Chris Whittington im Internet veröffentlicht, die die Fähigkeiten des neuen Programms beweisen sollten. Und wirklich, manche waren großartig! Doch immer wieder gab es auch Rückschläge, in denen die Achillesferse des Neulings getroffen wurde: seine mangelnde Geduld und seine Langsamkeit. Ein Version aus dem Jahr 1995 etwa zauberte die folgende Partie auf das Brett:

Chess System Tal, Version 95 - W-Chess 1.04; Blitzpartie [B99: Sizilianisch, Najdorf-Variante)]:
1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Lg5 e6 7.f4 Le7 8.Df3 Dc7 9.0-0-0 Sbd7 10.g4 b5
II.Lxf6 Sxf6 12.g5 Sd7 13.a3 Tb8 14.h4 b4 15.axb4 Txb4 16.Lh3 Db6 17.Sb3 Lb7. Bis hierher ist alles Theorie, doch nun muß Tal selbst rechnen und spielt ein spekulatives Opfer.
18.Sd5!? exd5 19.Lxd7+ Kxd7 20.exd5 Tc8 21. Thel. Weiß hat keine ausreichende Kompensation für die Figur erhalten und stellt mit diesem Zug eine weitere ein. 2...Txb3 22.De4. Die Antwort, die neue Drohungen gegen den König aufstellt. 22... Dd8 23.Kbl Tb5 24.c4 Tb3 25.Dc2 Db6 26.Td3 Txd3 27.Dxd3 g6 28.De2 Te8 29.h5 Kc7 30.hxg6 Lf6 31.c5 Db4 32.cxd6+ Kxd6 33.gxf7 Dxel+ 34. Dxel Txel+ 35.Kc2 Lg7 36.f5 Lxd5 37.Kd2 0-1.

Gelegentlich war das junge Programm noch mit völliger Blindheit geschlagen, überließ seine Figuren gar zu übermütig dem Gegner und mußte aus diesem Grund zu guter Letzt das Feld räumen. Dennoch zeigte bereits die obige Partie die Qualitäten des kommenden Champions, und ich gestehe, zu diesem Zeitpunkt wurde auch ich ein Jünger des »Tal«, denn so sollte er heißen.
Dabei war das Grundkonzept zunächst gar nicht so exotisch. Ausgangsbasis war ein eher unscheinbares und von den Materialisten kaum beachtetes Programm namens Complete Chess System. Aus diesem heraus entwickelte man hochselektive Strukturen, die jedoch im Gegensatz zu anderen Programmen keine absolute Bewertung der Stellungen erlaubten, sondern vor allem besonders wagemutige Angriffe auf das Allerheiligste des Gegners suchten. Der Name hierfür war schnell gefunden: »Tal-Funktion« sollten diese geheimnisvollen Algorithmen heißen. Doch auch Götterkinder haben gelegentlich irdische Wurzeln, und so kam das Programm nicht ganz ohne eine profane Baumsuche aus. Doch diese zog Tal sozusagen nur beratend hinzu und beschäftigte sich geistig lieber mit seinen blitzartigen Überfällen, an denen er auch zunehmend mehr Gefallen fand.
Doch mit den Jahren zeigte sich, daß das neue Programm mit den geheimnisvollen Komponenten einfach nicht standhaft genug war, um es auf den Markt loszulassen. So mußte es beispielsweise 1995 auf meinem PC gegen Genius eine fürchterliche Niederlage einstecken. Neunmal konnte der Gegner dem jungen Emporkömmling auf den Kopf hauen, und nur einmal holte Tal zum Gegenschlag aus.
Dabei waren seine Waffen gar nicht von schlechten Eltern: Eine mächtige Komponente war von Beginn an die sogenannte Datenbankfunktion, erschloß diese dem Programm doch die Information aus allen möglichen Turnieren. Aus diesen konnte Tal denn auch selbständig Eröffnungswissen ziehen, ohne daß Czub oder Whittington eine Bibliothek eingeben mußten.
Sich beweisen mußte CSTal auch in Stellungen wie dem BT-Test oder dem neuen BS-Test, die er schnell automatisch abzuarbeiten lernte. Hier konnte das Programm trotz seiner bedächtigen Art, diese Dinge anzunehmen (auf meinem 486/66 kaum mehr als 1500 Pos./s), schon bald erstaunliche Erfolge erzielen. Die Version von 1995 erreichte fast 2300 Elopunkte, ein für damalige Verhältnisse geradezu sensationelles Ergebnis. Dafür fehlte es ihm gelegentlich an Durchhaltevermögen: Manchmal brach es Partien im Endspiel einfach ab.
Diese und andere Unzulänglichkeiten waren wohl auch der Grund für Rückschläge. Thorsten Czub wußte daher immer wieder von frustrierenden Erlebnissen zu berichten, in denen ein Fehler aus- und zwei andere eingebaut wurden. Immerhin wurde seinen Wünschen nach umfassenden Informationen zu den Rechenvorgängen des neuen Programms entsprochen. Das »Innere Auge« war geboren, das tiefe Einblicke in den Titanen erlaubt.
Die Aegon-Version
In jedem Frühjahr konnten die Programme bisher beim Aegon-Turnier gegen starke menschliche Gegner antreten. Man hatte mir nach dem Turnier die dort benutzte Version überlassen, und ich war etwas skeptisch, ob nach so vielen Jahren endlich einmal ein Fortschritt bei der Entwicklung zu bemerken sei. Doch was mir zu Hause geboten wurde, hat meine Erwartungen dieses Mal nicht enttäuscht!
»Tal« hatte mittlerweile gelernt, mit dem Autoplayer von Chrilly Donninger zusammenzuarbeiten.

Schnell wurde ein Wettkampf unter Turnierbedingungen (40 Zügen in zwei Stunden) gegen das holländische Programm Rebel 8 von Ed Schröder auf meinem 486er veranstaltet. Die 8:15-Niederlage war zwar keine Sensation, aber die von Tal gewonnenen und auch einige verlorene Partien begeisterten durchweg, und auch in strategischen Stellungen und im Endspiel gab es hervorragende Leistungen. Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß »Tal« mit einer selbst »erlernten» Eröffnungsbibliothek ohne jegliche Abstimmung spielte. Gleich in der ersten Partie startete das Programm einen seiner überfallartigen Angriffe.

Chess System Tal - Rebel 8; l. Partie [E 17: Damenindisch, Hauptfortsetzung]:
1.d4 e6 2.c4 Sf6 3.Sf3 b6 4.g3 Lb7 5.Lg2 Le7 6.Sc3 Se4 7.Ld2 Lf6 8.0-0 c5 9.dxc5 bxc5 10.Db3 Db6 ll.Tfdl 0-0 12.Dc2 Sxd2 13.Txd2 d6 14.Tadl Le7 15.Se4 Td8 16.Sxd6! Dieser Zug dürfte bereits einen Bauern gewinnen, aber Tal will mehr! 16...Txd6 17.Txd6 Lxd6 18.Sg5 h6 19.Dh7+ Kf8 20.Lxb7 Dxb7 21.Txd6 Sd7 22.Se4 Ke7 23.Td2 Sf8 24.Sxc5 Db4 25.De4 Tc8 26.Sb3 Dxc4 27.Td4 Dc7 28-Tdl Td8 29.Db4+ Ke8. Jetzt ist eine typische Tal-Stellung erreicht, die das Programm problemlos umsetzt.
30.Da4+ Td7 31.Tcl Dd6 32.Sc5 Dd2 33.Tbl e5 34.Sxd7 Dxd7 35.Dxd7+ Kxd7 36.Tdl+ Ke7 37.Tcl+ Kb7 38.Tc4 Sd7 39.Kfl Sb6 40.T 41.Tb5+ Kc6 42.Ta5 Kb6 43.Ta4 Sc5 44. 45.Tb4+ Kc6 46.Tb8 Se4 47.Te8 a6 48.Txe5 49.b4 h5 50.a4 Ke7 51.Te7+ Kb6 52.f4 ^ Sb7 54.Txf7 und später
1-0.

In der vierten Partie zeigte sich, daß auch nach zwei Jahren längst noch nicht alles Gold ist, was glänzt.

Chess System Tal - Rebel 8; 4. Partie [B08: Pirc-Ufimzew-Verteidigung]:
1.d4 d6 2.e4 Sf6 3.Sc3 g6 4.Sf3 Lg7 5.Le2 0-0 6.0-0 c6 7.a4 Dc7 8.h3 Sbd7 9.Le3 b6 10.a5 bxa5 ll.Dbl Tb8 12.Da2 a4 13.Sg5 Sb6 14.Da3 h6 15.Sf3 Td8 16.Sd2 d5 17.e5 Se8 18.Ld3 Kh7 19.Dc5 f6 20.exf6 exf6 21.Sf3 Sd7 22.Da3 Lf8 23.Dxa4 Txb2 24.Sh4 f5 25.Tfbl Txbl+ 26.Sxbl Lb7 27.c4 Le7
28.Sxg6?! Nur ein Bauer für die Figur, und auch sonst ist kaum Kompensation ersichtlich. 28...Kxg6 29.Ddl Sdf6 30.Df3 Lc8 31.c5 Dd7 32.Df4 Sg8 33.Sd2 Kf7 34.Sf3 Lf6 35.Ld2 Sg7 36.Dg3 Te8 37.h4 Te7 38.Se5+ Lxe5 39.dxe5 De6 40.Lc3 Dg6 41.e6+ Sxe6 42.Dd6 Td7 43.De5 Se7 44.Tel Td8 45.g3 d4 46.Ld2 a6 47.Lc4 Df6 48.Dc7 Ke8 49.Db8 Ld7 50.Db6 Ta8 51.Db7 Tc8 52.Da7 Se7 53.Lf4 Le6 54.Ld3 Sed5 55.Db7 Kf7 56.Le5 De7 57.Ld6 Dd7 58.Lxa6 Sxa6 59.Dxa6 Sc3 60.Dd3 Sb5 61.Lf4 h5 62.Le5 Tg8 63.Lf4 Tg4 64.Kh2 Dd5 65.f3 Tg7 66.Te5 Da2+ 67.Te2 Dc4 68.Dxc4 Lxc4 69.Tc2 Le6 70.Kg2 Tg8 71.Kf2 Ta8 72.Lcl Ta2 73.Td2 Sc3 74.Txa2 Lxa2 75.Kfl Sa4 76.Ke2 Sxc5 77.Lh6 Lbl 78.Kf2 0-1.

Das es auch ohne Opfer geht, zeigte die neunte Partie. Dieses Mal manövrierte sich Rebel in ein schlechter stehendes Endspiel, das »Tal« konsequent umsetzte.

Chess System Tal - Rebel 8; 9. Partie [B85: Sizilianisch, Scheveninger System]:
1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le2 e6 7.0-0 Le7 8.f4 0-0 9.Khl Dc7 10.a4 Sc6 ll.Le3 Te8 12.Lf3 Tb8 13.Dd2 Ld7 14.Sxc6 bxc6 15.b3 e5 16.Le2 a5 17.Lc4 Sg4 18.Lg l exf4 19.Dxf4 Lf6 20-Tadl Se5 21.Ld4 Le6 22.Lxe6 Txe6 23.Dg3 Sd7 24.Df3 Tbe8 25.Df4 T8e7 26.Tf3 Lxd4 27.Txd4 Se5 28.Th3 d5 29.Dxc7 Txc7 30.Kgl Sxe4 31.Sxe4 Txe4 32.Txe4 dxe4 33.Th5 g6 34.Txa5 f5 35.Te5 Kf7 36.Kf2 c5 37.Ke3 Kf6 38.Te8 Ta7 39.Tc8 Ta5 40.Tc7 h6 41.Tc6+ Kf7 42.g4 h5 43.gxf5 gxf5 44.Kf4 c4 45.Txc4 Kg6 46.Tc6+ Kg7 47.Td6 Kf7 48.c4 Ke7 49.Tg6 Kd7 50.Th6 h4 51.Txh4 Kc6 52.Th5 Kd6 53.Tg5 Kc6 54.h4 Ta7 55.Txf5 Tb7 56.Tb5 Th7 57.h5 Te7 58.Ke3 Te6 59.Tg5 Te8 60.b4 Tb8 61.b5+ 1-0.

Offensichtlich fühlte sich auch der Rebel in den Partien gegen Tal von höheren Mächten beflügelt.
Die 12. Partie gewann er mit einem Super-Angriff.

Chess System Tal - Rebel 8; 12. Partie [E55: Nim-zoindisch, Moderne Variante]:
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.e3 0-0 5.Ld3 d5 6.Sf3 c5 7.0-0 dxe4 8.Lxc4 Sbd7 9.De2 b6 10.d5 Lxc3 ll.dxe6 Se5 12.exf7+ Kh8 13.bxc3 Lg4 14.e4 De7 15.Tel b5 16.Lxb5 Sh5 17.Le8 Taxe8 18.fxe8D Dxe8 19.Da6 Lxf3 20.Dfl Dg6 21.Khl Lxe4 22.Le3 h6 23.Te2 Ld3 24.Ddl Lxe2 25.Dxe2 Sg4 26.f3 Sxe3 27.Dxe3 Sf4 28.Tgl Sd3 29.Tdl Te8 30.Dd2 c4 31.a3 Tb8 0-1.

Dabei ist die Auswahl der Partien durchaus reprä-sentativ. »Tal« verstand es nicht nur, zufällig ent-standene Angriffe erfolgreich zu führen, sondern be-herrschte auch die Kunst, Konstellationen herbeizu-führen, in denen es seine außergewöhnlichen Opfer anbringen konnte. Daher kommt für die Zuschauer bei seinen Gefechten praktisch nie Langeweile auf. Ein besonders schönes Beispiel gelang gegen Hiarcs 6 mit 15 Minuten für die ganze Partie.

Hiarcs 6 — Chess System Tal, 15-Minuten-Partie [B 14: Caro-Kann, Panow-Angriff]:
1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.c4 Sf6 5.Sc3 e6 6.c5 b6 7.b4 a5 8.Sa4 Sfd7 9.Lb5 La6 10.Sxb6 Lxb5 ll.SxaS Sa6 12.a4 Lc4 13.Sb6 Sxb6 14.cxb6 Lxb4+ 15.Ld2 Dxb6 16.Sf3 16...Sc5!! Ein Rufzeichen für den Mut und eins für die Idee. 17.dxc5 Lxc5 18.Tfl Da6 19.Tbl 0-0 20.Thl Da7. Schwarz hat sage und schreibe einen ganzen Turm weniger, fühlte sich während der Par-tie jedoch ständig deutlich im Vorteil! 21.Dc2 Lxf2+ 22.Kdl Da6 23.Lb4 axb4 24.Dxf2 Dxa4+ 25.Kel b3. Schwarz hat immer noch einen Turm weniger, aber die Bauern werden das Rennen ma-chen, weil die weißen Figuren nicht zusammen spielen.
26.De3 Da2 27.Sd2 Dc2 28.Kf2 b2 29.Dd4 Tb8 30.Thdl Ld3 31.Kgl f6 32.Khl Tb7 33.Kgl Tb5 34.De3 e5 35.Kf2 d4 36.Dh3 Lf5 37.Da3 h6 38.Da8+ Kh7 39.De8 Dd3 40.Kgl Tb4 41.Df8 Dc3 42.Df7 De3+ 43.Khl Dxd2 44.Txd2 Lxbl 45.Txb2 Txb2 46.h4 Le4 47.h5 d3 48.Dc4 Lxg2+ 49.Kgl d2 50.De2 Tbl+ 51.Kxg2 dID 52.De4+ Kg8 53.Dc4+ Kf8 54.Dc8+ Ke7 55.Dc7+ Ke6 56.Dc8+ Kd5 57.Da8+ Kd4 58.Dd8+ Ke3 59.Dg8 Df3+ 60.Kh2 Th1 # 0-1.

Ob das Opfer korrekt war, kann ich nicht beantworten, aber der Partieverlauf erscheint überzeugend. Tal vermag immer wieder das Brett in Flammen zu setzen. Angemerkt sei noch, daß kein mir bekanntes anderes Programm, egal von welchem Programmierer, 6...Sc5!! spielt. Hätte doch nur die gesamte Schachcomputerwelt sich davon eine Scheibe abschneiden können ...!
Die kommerzielle Version
Auf der kommerziellen CD sind auch noch einige weitere Schmankerl, die den Spaß am Spielen erhöhen sollen, beigefügt. So gibt es nunmehr acht martialische Figurensätze, die je nach Gegner Furcht oder Ohnmacht verursachen werden. Mächtige Analyse- und Bibliotheksfunktionen lassen viele Jünger des Tal ehrfurchtsvoll auf die Knie fallen, und es weiß seine Gegner in einer bei keinem anderen Programm annähernd gleich gefundenen Weise zu bändigen. Weitere 106.000 Partien auf CD versorgen seinen niemals versiegenden Wissensdurst. Daß das ungestüme Programm nach wie vor häufig daneben greift, wird in Demut hingenommen, denn der Tal lehrt sie das Bejubeln eines jeden Opfers mit anschließendem Angriff in Minorität.
Frevlerisch habe ich dennoch die Zahl der verlorenen Wettkämpfe notiert und kam (ohne, daß dies wirklich Beachtung finden sollte) auf achtbare Ergebnisse. Der BS-2830-Test wird auf meinem Pentium 133 mit 2371 Elopunkten absolviert. In einem Wettkampf mit Hiarcs 6 unterlag CSTal zwar mit 11:18, spielte dabei aber sehr kampflustig auf. Immer, wenn sich das Blatt zu seinem Nachteil zu wenden droht, erwacht der Held und mobilisiert alle Kräfte.

Hiarcs 6 - Chess System Tal, 5. Turnierpartie (beide 486/66) [D58: Damengambit, Tartakower-Variante]:
1.d4 Sf6 2.Sf3 d5 3.c4 e6 4.Sc3 Le7 5.Lg5 h6 6.Lh4 0-0 7.e3 b6 8.Tcl Lb7 9.Lxf6 Lxf6 10.cxd5 exd5 ll.Le2 De7 12.Db3 Td8 13.0-0 c5 14.dxc5 bxc5 15.Tfdl d4 16.Sa4 Sa6 17.Lxa6 Lxa6 18.Sxc5 Le2 19.Txd4 Lxd4 20.Sxd4 Tac8 21.Dc3 Lg4 22.b4 Dg5 23.f4 Df6 24.Dd3 Dh4 25.Da3 Tc7 26.Tfl Kh8 27.f5 Dg5 28.Se4 De7 29.Tf4 De5 30.b5 Tc4 31.Sc6 Dal+ 32.Kf2 Tc2+ 33.Kg3 Del+ 34.Kxg4 Txg2+ 35.Sg3 Ddl+ 36.Tf3 Te8 37.Sd4 Te4+ 38.Kh3 Dgl 39.Df8+ Kh7 0-1.

Hiarcs 6 - Chess System Tal, 10. Turnierpartie (beide 486/66) [C54: Italienische Partie, Hauptvariante]:

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.d3 Sf6 5.c3 d6 6.b4 Lb6 7.a4 a6 8.0-0 0-0 9.Lg5 h6 10.Lh4 g5 LLLg3 Lg4 12.a5 La7 13.h3 Lh5 14.Sbd2 Lg6 15.De2 Sh5 16.Lh2 Kh8 17.Ld5 Dd7 18.Tael Sf6 19.Lb3 g4 20.hxg4 Dxg4 21.Sc4 Lh7 22.Se3 Dh5 23.Lg3 Tg8 24.Lh4 Sd7 25.Ld5 Tg7 26.Lg3 Sf6 27.Lxc6 bxc6 28.Lh4 Sd7 29.c4 Tb8 30.Tbl f5 31.exf5 Lxf5 32.Sxf5 Dxf5 33.Dd2 Dg6 34.g3 Tf8 35.Sel Tf4 36.Kh2 Txh4+ 37.gxh4 Dg4 38.Dxh6+ Th7 39.f3 Df5 40.Dxh7+ Dxh7 4LKg2 Sf6 42.c5 Dg8+ 43.Kh2 Sh5 44.Tgl Da2+ 45.Sg2 Df2 46.Tgfl Dg3+ 47.Kgl dxc5 48.b5 Sf4 49.Tb2 cxb5 50.Tff2 c4 51.d4 Lxd4 52.Kfl Dh3 53.Kel Dhl+ 54.Kd2 c3+ 55.Kc2 cxb2 56.Kb3 blD+ 57.Ka3 Lc5# 0-1.

In einer weiteren Partie konnte sich auch Kallisto nicht dem unbändigen Kampfeswillen des Anti-Materialisten entziehen.

Kallisto Aegon - Chess System Tal, 5. Partie (beide 486/66) [C89: Spanische Partie, Marshall-Angriff]:
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.Tel b5 7.Lb3 0-0 8.c3 d5 9.exd5 Sxd5 10.Sxe5 Sxe5 ll.Txe5 c6 12.d4 Ld6 13.Tel Dh4 14.g3 Dh3 15.Le3 Lg4 16.Dd3 Tae8 17.Sd2 Te6 18.a4 f5 19.Dfl Dh5 20.f4 bxa4 2LTxa4 Tfe8 22.Df2 g5 23.fxg5 f4 24.gxf4 Lh3 25.Khl Dg4 26.Tgl Df5 27.Txa6 Txe3 28.Txc6 Te2 29.Df3 Lxf4 30.Sfl Lxfl 3LLxd5+ Kg7 32.Th6 T8e3 33.Txfl Txf3 34.Lxf3 Txb2 35.Lc6 Tbi 36.Txbl Dxbl+ 37.Kg2 Df5 38.Th3 Dg4+ 39.Tg3 Lxg3 40.hxg3 Dxg5 41.d5 Dd2+ 42.Kh3 Dxc3 43.Kg2 Kf6 44.Kf2 Ke5 45.Kg2 De3 46.Lb7 h5 47.d6 h4 48.gxh4 Kf4 49.Kh2 Dg3+ 50.Khl Df2 5LLc6 Kg3 52.h5 Del# 0-1.

Doch auch dieser Wettstreit verhieß für Whittington und Czub einiges an Arbeit. Von solchen Schlachten angetrieben, sind sie unermüdlich am Werk und versorgen die ganze Computerschachwelt mit den immer neuesten Versionen ihres Programmes. Unter der Adresse http://www.demon.co.uk/oxford-soft/ chesstal.html sind diese jedem Jünger des »Tal« zugänglich. Für 79,- DM ist Tal die Empfehlung für jeden Anhänger des Computerschach. Bleibt nur zu hoffen, daß möglichst viele Materialisten auf diesen neuen Weg einschwenken.   

Carsten Bauermeister